BBBamberg
Auf der Arbeits- und Fachtagung der Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen und Betroffenenbeiräte aus ganz Deutschland wurde von verschiedenen Betroffenenbeiräten ein Forderungskatalog zur Aufarbeitung in den Deutschen Diözesen eingebracht und verteilt. Die Forderungen nach Transparenz, Begründungspflicht für positive und negative Anerkennungsbescheide und nach einer geschärften Erinnerungskultur in Gemeinden, Verbänden, Ordenseinrichtunge und Diözesen bewegt viele Betroffenenbeiräte bei ihrer kontinuierlichen Arbeit.
Hier der Forderungskatalog im Wortlaut:



Frankfurt, 7. Oktober 2024


Forderungspapier: Forderungen von Betroffenenbeiräten für eine gerechte Aufarbeitung und Erinnerungskultur

Einleitung:

Die Unterzeichnenden fordern im Rahmen der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in kirchlichen Institutionen Transparenz, Partizipation, respektvolle Anerkennung der Betroffenen und eine sensible Gedenk- und Erinnerungskultur. Diese Forderungen sollen gewährleisten, dass die Rechte und Bedürfnisse der Betroffenen in den Mittelpunkt gestellt werden und eine gerechte Aufarbeitung ermöglicht wird.


Forderung 1: Transparenz in allen aufarbeitungsrelevanten Vorgängen

Die Prozesse zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in kirchlichen Institutionen müssen vollständig transparent und partizipativ sein. Ohne Transparenz kann eine glaubwürdige Aufarbeitung nicht gelingen.

Beschreibung:

  • Die Bundeskonferenz der Betroffenenbeiräte fordert Transparenz bei allen aufarbeitungsrelevanten Vorgängen in den Bistümern sowie in den bischöflichen Beratungsstellen. Nur so kann das Vertrauen der Betroffenen zurückgewonnen werden.
  • Prozesse, die von unabhängigen Aufarbeitungskommissionen sowie der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UBSK) und deren Fachgremien geführt werden, müssen für Betroffene nachvollziehbar sein. Beteiligungsverfahren sollten die aktive Teilhabe der Betroffenen ermöglichen.
  • Der Umgang mit Akten, insbesondere die Archivregelungen und Zugangsrechte, ist klar zu definieren. Betroffene müssen vollständigen Zugang zu relevanten Dokumenten haben, um Einsicht in die Aufarbeitung zu erhalten und eine selbstbestimmte Aufarbeitung ihrer Erfahrungen zu ermöglichen.

Forderung 2: Begründungspflicht für Anerkennungsbescheide

Die Ausstellung von Anerkennungsbescheiden muss stets mit einer detaillierten Begründung erfolgen, um den Respekt gegenüber den Betroffenen zu wahren und ihnen die Möglichkeit zu geben, fundiert Widerspruch einzulegen.

Beschreibung:   

  • Die Bundeskonferenz der Betroffenenbeiräte schließt sich den vielfältigen Forderungen an, dass Anerkennungsbescheide begründet werden müssen. Nur so können Betroffene die Entscheidungen nachvollziehen und diese in ihren eigenen Verarbeitungsprozess einbinden.
  • Eine Begründung ist die Grundlage dafür, dass ein Widerspruch von den Betroffenen ordnungsgemäß und fundiert erhoben werden kann. Ohne eine solche Begründung wird das Vertrauen in das Anerkennungsverfahren gefährdet.

Forderung 3: Angemessene und betroffenensensible Gedenk- und Erinnerungskultur

Die Gedenk- und Erinnerungskultur muss die Erfahrungen und das Leid der Betroffenen anerkennen und gleichzeitig sicherstellen, dass Täter nicht posthum geehrt werden.

Beschreibung:

  • Es ist unerlässlich, Gedenkorte für Betroffene zu schaffen, die ihnen Raum für Trauer, Reflexion und Anerkennung bieten. Eine Karte der Orte, an denen Missbrauch stattfand, könnte Teil der Aufarbeitung sein und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Ausmaß des Missbrauchs fördern.
  • Die Angehörigen und Hinterbliebenen von Betroffenen müssen mit größtem Respekt behandelt werden. Dies schließt einen würdevollen und sensiblen Umgang in der Erinnerungskultur ein.
  • Täter dürfen keine ehrenden Gedenkorte oder Grabmäler auf Friedhöfen erhalten. Straßen, Plätze oder Institutionen, die nach Tätern benannt wurden, müssen umbenannt werden. Öffentliche Nachrufe oder Ehrungen, die die Taten der Täter verschweigen oder relativieren, sind unangebracht.
  • Der Umgang mit Kunstwerken oder Musik von Tätern muss kritisch hinterfragt werden. In liturgischen Kontexten sollten Werke von Tätern nach der vatikanischen Liturgiekongregation entfernt werden, um die Betroffenen nicht zusätzlich zu verletzen.

Schluss:

Die Forderungen der Bundeskonferenz der Betroffenenbeiräte nach Transparenz, einer Begründungspflicht für Anerkennungsbescheide und einer sensiblen Gedenk- und Erinnerungskultur sind zentrale Schritte, um eine gerechte und umfassende Aufarbeitung zu gewährleisten. Nur durch eine konsequente Berücksichtigung der Betroffenenperspektive kann Vertrauen in die Aufarbeitung zurückgewonnen werden und eine tiefgreifende, dauerhafte Veränderung in der kirchlichen Aufarbeitungskultur erreicht werden.

Unterzeichner:
Vertreter aus der überwiegenden Mehrheit der Betroffenenbeiräte der Diözesen im Bereich der DBK
darunter die drei Sprecher des Bamberger Betroffenenbeirats
Vertreter vieler UAKs in Deutschland
Vertreter von Betroffeneninitiativen aus ganz Deutschland
insgesamt über 100 Unterschriften

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